Epithetikbericht

Epithetik – Die Wiederherstellung des Gesichts

Erschienen im Gesundheitsreport Hessen, Jahrgang 2005/2006, Seite 40 f., VSR-Verlag

Epithesen oder auch extraorale Defektprothesen sind Nachbildungen des fehlenden Gesichtsbereiches aus Silikon oder Kunststoff, die in ihrer Struktur und Farbe dem Umfeld nachempfunden sind.

Patienten, die durch eine Tumoroperation, einen Unfall oder durch eine Nichtanlage von Geburt an unter ihrem Gesichtsdefekt leiden, können mit Hilfe der Epithese einfacher in der Gesellschaft leben und somit die psychosozialen Belastungen verarbeiten.

Die Techniken in der Wiederherstellung durch chirurgische Maßnahmen sowie in der epithetischen Versorgung sind soweit entwickelt, dass eine Optik erreicht werden kann, mit der sie in der Öffentlichkeit unauffälliger auftreten können.

Es gibt die Möglichkeit der plastisch-chirurgischen Rekonstruktion, welche besonders zur Korrektur von Teildefekten geeignet ist oder die Wiederherstellung durch eine Epithese.

Welches Verfahren für den Patienten in Frage kommt, wird individuell nach Befund in Gesprächen mit dem Patienten, Vertrauten, Ärzten und dem Epithetiker entschieden. Das letzte Wort hat jedoch immer der Patient.

Oftmals stellt sich die chirurgische Rekonstruktion von Totaldefekten sowie ausgedehnter Knochen-Weichteildefekte als ein sehr schwieriges Verfahren dar, wobei nach sehr vielen Operationen nur ein erträgliches bis unbefriedigendes Ergebnis erzielt werden kann. In vielen Fällen möchte der Patient diese langwierige Prozedur auch nicht ertragen und entscheidet sich für eine Epithese, da diese ihm zeitlich schnell zu Verfügung steht.

Zu berücksichtigen ist jedoch, dass eine epithetische Versorgung ein Leben lang Kontakt mit Arzt und Epithetiker bedeutet, da die künstlichen Gesichtsteile einem Alterungsprozess unterliegen und periodisch neu angefertigt werden müssen.

Doch eine Epithese kann noch viel mehr, gerade wenn durch ausgedehnte radikale Tumoroperationen Teile des Oberkiefers fehlen, bietet die Epithese neben ihrer ästhetischen Bedeutung auch eine funktionelle Wiederherstellung. Durch eine Trennung von Mundhöhle und Nasen-Rachenraum ist es dem Patienten wieder möglich zu schlucken, zu sprechen und zu essen. Patienten mit einem Defekt im Nasen- und Ohrbereich sind in der Lage, eine Brille zu tragen, auch Tätigkeiten im Freien sind wieder möglich. Die rasche Versorgung trägt auch zu einer schnelleren Rückkehr in den Alltag bei, auch wenn dieser sich nach dem Verlust in vielen Fällen anders gestaltet, wie der zuvor gelebte.

Durch minimierte klinische Belastung kann der Patient recht früh wieder in sein gewohntes Umfeld zurück kehren, was in vielen Fällen zu einer psychischen Stabilisierung beiträgt. Sollte sich der Patient in seinem neuen Leben nicht zurecht finden, ist es wichtig, dass er aufgefangen wird. In solchen Situationen stehen z.B. in der Selbsthilfegruppe TULPE Menschen zur Verfügung, die die neue Situation verstehen und aus Erfahrung die richtigen Wege kennen. Dies bezieht sich nicht nur auf psychische Problemlagen des Patienten oder die neue Situation für Angehörige und Freunde. Auch in bürokratischen Angelegenheiten bieten diese kompetenten Menschen Hilfe an.

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